Die Schule als Talentschmiede

Möglichkeiten und Grenzen zum Fordern und Fördern von Talenten innerhalb des Schulsystems aus Sicht der (hoch-)begabten Schüler und Schülerinnen

Die Schule als Talentschmiede

Möglichkeiten und Grenzen zum Fordern und Fördern von Talenten innerhalb des Schulsystems aus Sicht der (hoch-)begabten Schüler und Schülerinnen

Besondere Leistungen faszinieren die Menschen schon seit der Antike. Aber erst seit etwa 140 Jahren wird der Themenbereich Talent und Begabung wissenschaftlich erforscht. Den am häufigsten verwendeten Begriff der „Hochbegabung“ führte Franz Mönks im Jahr 1963 ein (vgl. Zielger 2018).

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die ersten Intelligenztests entwickelt. Der Ergebniswert des Tests wird als Intelligenzquotient (IQ) bezeichnet (vgl. Brunner et al. 2005). Intelligenztests werten grundsätzlich verschiedene Bereiche aus:

  • Wortschatzumfang
  • verbaler Ausdruck
  • numerische Fähigkeiten
  • räumliche Fähigkeiten
  • Arbeitsgeschwindigkeit
  • Gedächtnisleistung

(vgl. Spinath 2010)

In Deutschland befasst man sich derzeit noch damit, wie eine Förderung (hoch-)begabter Schüler und Schülerinnen erfolgen kann (vgl. Motschenbacher/Vogl 2014).

Wichtig ist, Talente und Begabungen früh und nachhaltig zu erkennen, zu fordern und fördern. Nach Preuß geht es auf bildungspolitischer Ebene darum „[…] Begabte früher lernen zu lassen, ihre Potenziale zum Nutzen des Individuums und der Gesellschaft zu entwickeln, ein positives Klima für Talente und Eliten in Deutschland zu schaffen und die Begabungsförderung qualitativ zu steigern.“ (Preuß 2012)

Viele der Schülerinnen und Schüler, die als (hoch-)begabt gelten, zeigen gute bis sehr gute Leistungen in der Schule. Sie haben nicht mehr und nicht weniger soziale Anpassungsschwierigkeiten als ihre normal begabten Mitschüler und -schülerinnen.

Dennoch zeigt sich, dass eine Förderung und Forderung der (hoch-)begabten Schülerinnen und Schüler erstrebenswert ist, da diese Kinder und Jugendlichen oft hinter ihren Möglichkeiten bleiben. (Hoch-)begabte Schüler und Schülerinnen begegnen oft keiner schulischen Herausforderung. Daraus resultieren bisweilen Motivationsprobleme. Folglich gehören nicht alle (hoch)begabten Schüler und Schülerinnen zu den Leistungsträgern, einige treten bereits in der Grundschule mit schlechten Noten in Erscheinung. Diese Kinder bezeichnen wir als Underachiever, zu Deutsch Minderleister.

In den letzten Jahren hat die Anzahl der Fördermaßnahmen erfreulicherweise in allen Bundesländern zugenommen.

Unter den Forschenden im Bereich der Pädagogik herrscht aktuell weitestgehender Konsens darüber, dass die Förderung und Forderung von (Hoch-)Begabten wertvoll und erforderlich ist (vgl. Vock/Gronostaj 2014). Weiter besteht Einigkeit unter den Forschern und Forscherinnen, dass es geeigneter Rahmenbedingungen für diese Schüler und Schülerinnen bedarf. Nur so können sie ihre Begabungspotenziale voll entfalten.

Das Potenzial kann nur dann genutzt werden, wenn die besondere Begabung der Lernenden erkannt wird. Es gilt, günstige Lernumgebungen für die Schüler und Schülerinnen zu schaffen (vgl. Vock et al 2007).

Schule übernimmt hier eine gesellschaftliche Verantwortung, indem sie günstige Lernumgebungen für Kinder und Jugendliche gestaltet. Durch die Sozialisierung bereitet die Schule die jungen Menschen auf ein Leben nach der Schule vor.

Eltern können Kindern oft nicht alle Fertigkeiten vermitteln, die in unserer technologischen Gesellschaft gefordert sind. Schule vermittelt den Heranwachsenden unter anderem die Leistungsideologie, di unsere Gesellschaft trägt. Aufbauend auf den Forschungsergebnissen von Talcott Parsons hat der Pädagogikprofessor Helmut Fend (1981) in seinen Publikationen „Theorie der Schule“ und „Neue Theorie der Schule“ die gesellschaftlichen Funktionen der Schule identifiziert. Helmut Fend führt dazu aus, dass Schüler und Schülerinnen eine optimale und individuelle Förderung erhalten müssen. Nur so können die Lernenden in Abhängigkeit von ihrer Begabung und ihrem Talent ein bestmögliches Ergebnis erzielen (vgl. Fend 2009).

Das führt zu dem Schluss, dass jeder Schüler und jede Schülerin, ob normalbegabt, hochbegabt oder höchstbegabt, das Bedürfnis nach einer individuellen Förderung hat.

Der Wunsch der (hoch-)begabten Schüler und Schülerinnen nach einer Integration in das Gemeinschaftsleben ist groß. Die Betroffenen sprechen sich selbst strikt gegen eine Segregation aus (vgl. Sparfeldt et al. 2004). Dies schließt eine Beschulung in Begabtenklassen nicht per se aus, da sich auch hier ein Gemeinschafts- und Zugehörigkeitsgefühl bei den Schülern und Schülerinnen bilden kann. Dieser Wunsch zielt vielmehr auf eine Separierung innerhalb einer Klassengemeinschaft ab. Hier möchten die (hoch-)begabten Schüler und Schülerinnen keinen Außenseiterrolle einnehmen.

In Hinblick auf den starken Leistungsdruck, den einige Schüler und Schülerinnen empfinden (vgl. Vock et al. 2014) ist zu sagen, dass Deutschland als eines der Länder gilt, in dem der gesellschaftliche Status über das Maß stark über den schulischen Erfolg entscheidet. Ganz anders wird beispielsweise im schwedischen Bildungssystem auf eine ganzheitliche Förderung gesetzt, die keinerlei Aussonderung zulässt und somit auch die äußere Differenzierung nach Leistung einschließt. Bis zum 16. Lebensjahr lernen alle Schüler und Schülerinnen unabhängig von ihrer kognitiven Begabung gemeinsam (vgl. Ratzki, 2010). Die guten Erfahrungen sprechen für ein solches Vorgehen. Und so werden auch in Deutschland Versuche unternommen, dem Leistungsdruck entgegenzuwirken. Dies zeigt das beispielhafte Vorgehen im Bundesland Hessen, wo Schulen auf Noten verzichten dürfen. Stattdessen darf eine individuelle Bewertung für die Schüler und Schülerinnen erstellt werden.

Schule und Politik sollten sich weiter dazu aufgefordert fühlen, ihre traditionellen Wege und Richtlinien zu überdenken und offener für neue inspirierende und zukunftsweisende Wege zu sein, um unsere Kinder bestmöglich auf ihrem individuellen Lebensweg zu unterstützen.

Von besonderer Bedeutung ist die Thematik im Hinblick auf die Underachiever. Denn diese stoßen im etablierten Schulsystem offenbar an ihre Grenzen und können ihre Talente nicht frei entfalten.

Bezüglich der geeigneten Lernform für (hoch-)begabte Schüler und Schülerinnen stellt sich für die Autorin die Frage, ob der methodische Ansatz des selbst gesteuerten Lernens sich positiv auf (hoch-)begabte Schüler und Schülerinnen in Bezug auf ihre schulischen Leistungserbringungen auswirken könnte und ob diese Methode auch den Underachievern zugutekommen könnte?

Die pädagogische Forschung sollte sich dazu aufgerufen fühlen, sich mehr mit der Sichtweise der Schüler und Schülerinnen und mit deren Bedürfnissen nach geeigneten Forder- und Fördermöglichkeiten zu beschäftigen.

Zugleich lässt sich vermuten, dass es ebenso eine Verbesserung der Chancengleichheit mit sich bringt, wenn weder die Herkunft noch Geschlecht oder sozialer Status der Kinder und Jugendlichen bei Forderung und Förderung eine Rolle spielen.

Ziel muss auch sein, dass die Kosten für Forderung und Förderung unserer Kinder nicht größtenteils zulasten der Eltern gehen.

Eltern wünschen und brauchen mehr Unterstützung und Verständnis für ihre besondere Rolle. (Auszug aus meiner Bachelorarbeit von 2020)

Quellennachweis kann gerne angefragt werden

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