Freizeitveranstaltungen für Familien mit hochbegabten Kindern
Ein Gastbeitrag von: Martina Rosenboom:
Bei der Förderung hochbegabter Kinder denken viele zuerst an Wettbewerbe in Mathematik oder Sprachen, an schulische Vertiefung oder das Überspringen von Klassen. Der Kopf will gefördert werden! Das ist sicherlich ein guter Anfang und für viele Schulen (und Eltern!) auch schon eine hohe Anforderung.
Martina Rosenboom – stellt sich vor
Martina Rosenboom ist seit dem Jahr 2000 in der DGhK (Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind) in den Bereichen Beratung, Organisation und Präsentation tätig. Von 2006 bis 2015 leitete sie den Regionalverein Niedersachsen/Bremen der DGhK. Von 2015 bis 2019 war sie Präsidentin der DGhK, danach widmete sie sich im Regionalverein Bremen der Bildungspolitik. Seit 2021 ist sie als Moderatorin von Elternkreisen und Autorin tätig und engagiert sich bei ECHA (European Council for High Ability) als Landeskorrespondentin. Ihre Arbeit bei der DGhK umfasste den Aufbau von Konzepten und Strukturen, die Organisation von Fortbildungen und Familienveranstaltungen sowie die Mitarbeit an Publikationen. Martina bringt über zwei Jahrzehnte Erfahrung in der Elternberatung und -begleitung ein, um ein ganzheitliches Verständnis für die Förderung talentierter Kinder zu fördern.
Hinter den Kulissen: Die Inspiration meiner Zusammenarbeit mit Martina
Als Gründerin von Rhönforscher bin ich immer auf der Suche nach Wegen, um nicht nur Wissen zu vermitteln, sondern auch echte Begegnungen zwischen Familien zu ermöglichen. Martina Rosenbooms langjährige Erfahrung und ihr tiefes Verständnis für die Bedürfnisse hochbegabter Kinder sind für mich eine unverzichtbare Bereicherung. Ihre Leidenschaft für die ganzheitliche Förderung dieser besonderen Kinder inspiriert mich täglich. Zusammen setzen wir uns dafür ein, Veranstaltungen zu kreieren, die mehr sind als bloße Treffen: Wir schaffen Momente, in denen Familien lernen, wachsen und sich auf einer tiefen Ebene austauschen können.
Martina Rosenboom schreibt…
Förderung hochbegabter Kinder: Soziale und emotionale Entwicklung
Dabei wird leicht übersehen, dass neben den kognitiven auch die sozialen und emotionalen Fähigkeiten entwickelt und gegebenenfalls gefördert werden müssen, um dem ganzen Kind gerecht zu werden. Also braucht es zusätzlich noch ein Training für soziale Kompetenzen und am besten auch gleich für die Affektkontrolle?
Diese defizitorientierte Sicht ist leider weit verbreitet: Hochbegabte Kinder werden als „problematisch“ angesehen, denn auch eine altersgemäße soziale Entwicklung wird als Schwäche wahrgenommen. „Kognitiv ja, aber sozial gehört er noch nicht in die Schule“ „Sie sieht Probleme, die die anderen Kinder nicht nachvollziehen können.“
Dabei wäre es viel besser, nicht aus jeder Besonderheit und jedem Bedürfnis gleich ein Hilfsprogramm zu machen.
Die Rolle der Eltern bei der Unterstützung talentierter Kinder
Wo viele Schulen (noch) ein Problem mit der emotionalen und sozialen Entwicklung sehen, haben Eltern oft den direkteren Zugang: Sie sind die ersten und wichtigsten Bezugspersonen, die sehen das ganz Kind, seine Entwicklung und vor allem neben der kognitiven gleichzeitig die emotionalen und sozialen Bedürfnisse. Damit schaffen sie zum einen das Fundament, schon lange, bevor das Kind in die Schule geht. Zum anderen haben sie oft ganz andere Möglichkeiten und Freiheiten als Schulen oder Lehrkräfte – wenn sie sich dessen bewusst werden.
Emotionale Intelligenz: Ein Schlüsselelement in der Unterstützung talentierter Kinder
Wichtig ist den Eltern dabei der Blick auf das ganze Kind, auf seine Bedürfnisse und Interessen. Dieser Anspruch sollte für alle Kinder gelten und niemand hat das besser im Blick als die Eltern.
Mit Blick auf die Merkmale von Hochbegabung – mehr wahrnehmen, schneller denken, tiefer denken – suchen Eltern oft nach anderen Lösungen als Schulen oder Lehrkräfte: Wie wird mein Kind zufriedener? Wo findet mein Kind Freunde? Wo kann mein Kind seinen Interessen folgen? Wo schöpft mein Kind Kraft für das „normale“ Umfeld?
Dabei haben die meisten Eltern den Blick so sehr auf das Kind gerichtet, dass sie sich selbst aus dem Blick verlieren. Mehr Mütter und Väter sollten sich fragen: Wo kann ich auch einmal Luft holen? Wo finde ich selbst Gleichgesinnte, die den Umgang mit hochbegabten Kindern kennen? Wo sind auch meine Sorgen „normal“?
Herausforderungen und Chancen bei der Förderung hochbegabter Kinder
Deshalb sollte bei Angeboten nicht zu kurz gedacht werden: Wenn es um mehr geht, als das schnelle Aufsaugen von Wissen, dann ist ein Besuch bei der Kinder-Uni oft nicht ausreichend, denn wenn die wirklich spannenden Fragen aufkommen, sind die zwei Stunden oft schon vorbei. Die Angebote für hochbegabte Kinder sind auch selten so breit gestreut wie Musikschulen und Sportangebote. Deren normale Angebote können Raum für Begegnungen bieten, Gruppenunterricht ist für Hochbegabte mit ihrem beschleunigten Lerntempo aber oft nicht ausreichend.
Denn es braucht schon „Profis“: Menschen, die hochbegabte Kinder und ihre Eltern zusammenbringen und nicht nur kurzfristig denken. Menschen, die die Erfahrungen der Eltern nachempfinden können, bestenfalls sogar selbst gemacht haben und darauf aufbauen können. Menschen, die sich mit dem Thema Hochbegabung tiefergehend beschäftigt haben und nicht nur ihre Bedürfnisse auf andere übertragen.
Unterstützung für talentierte Kinder: Strategien für Eltern und Lehrer
Bedürfnisse hochbegabter Kinder erkennen und adressieren
Aus meiner Erfahrung aus über zwanzig Jahren in der Förderung hochbegabter Kinder bringe ich hier die häufigsten Bedenken an:
Muss es gleich so etwas Besonderes sein?
Nach oft enttäuschenden Kursen oder Aktivitäten brauchen manche hochbegabte Kinder ein eindeutiges Zeichen „Hey, wir meinen dich, wir kennen deine Ansprüche: mehr Zeit für deine Fragen, tieferes Eintauchen in das neue Thema, höheres Lerntempo “. Nicht noch einmal Basteln, nicht noch ein Massenangebot ohne Zeit zur Vertiefung. Es darf auch einmal mit Wettbewerben sein, aber wichtiger ist die Förderung hochbegabter Kinder durch die Gelegenheit zu weitergehenden Fragen und zu tiefergehenden Gesprächen.
Die Bedeutung der Begegnung mit Gleichaltrigen
Wozu müssen hochbegabte Kinder andere hochbegabte Kinder treffen?
Oft das erste Aha-Erlebnis: „Ich bin nicht der schnellste“ „Ich bin nicht die einzige mit tiefer gehenden Fragen“. Was im ersten Moment erschreckend ist, öffnet einen neuen Wachstumsraum. Wer in seinem Teich so lange der „größte Fisch“ war, ist im großen Teich „einer von vielen“. Endlich nicht nur Hilfe geben sondern andere um Hilfe bitten können.
Dabei ist ein Freizeitangebot eben auch nur eine weitere Gelegenheit, die Möglichkeit, sich nach anderen Kindern und Jugendlichen „auf der gleichen Wellenlänge“ umzuschauen.
Manchmal wird dann auch die eigene Hochbegabung angesprochen – meisten zögerlich und eher nebenbei. Dabei schwingt das Thema einfach mit: Es ist normal, Spiele für Ältere zu spielen, es ist normal, eine Klasse übersprungen zu haben, und es ist auch normal, ganz andere Interessen zu haben. Ein einfaches, „Ja, ich auch“ oder „Ja, kenne ich“ ist für viele Hochbegabte dann das erste Zeichen, „angekommen“ zu sein.
Die Rolle der Eltern bei der Begleitung ihrer Kinder
Wozu kommen die Eltern immer mit?
Zuerst einmal kommen die Eltern für ihr Kind, oft als Begleitung. Je nach Vorerfahrung kann das auch eine sehr enge Schutzbeziehung sein. Tatsächlich sind solche Veranstaltungen zusätzlich auch eine gute Gelegenheit, mit anderen Eltern in Austausch zu kommen. Oft ist die Eltern-Kind-Beziehung sogar so eng, dass ein Loslassen nur vorsichtig erfolgt. Viele Eltern sind dann ganz überrascht, dass ihr Kind sich doch der Gruppe anschließt, doch neue Kontakte knüpft, doch etwas ausprobiert. Wie schön ist es dann, gleich andere Eltern zu sehen, denen es ähnlich geht.
Mit etwas Moderation werden die Elterngespräche schnell tiefer. Jahrelang durfte man das Thema Hochbegabung nicht ansprechen, hier ist es normal. Jahrelang war das eigene Kind besonders, ist ist es normal. Jahrelang musst man eigene Lösungen finden, hier kommen Eltern in Austausch.
Freizeitangebote als Brücke zum sozialen Lernen
Warum müssen es gleich mehrere Tage sein?
Nähe aufzubauen braucht mehr Zeit als einen schönen Nachmittag. Wenn wirklich Möglichkeit gegeben werden soll, miteinander in Kontakt zu kommen, dann brauchen die Kinder ausreichend Zeit. Beziehungen müssen sich entwickeln können. Gute Angebote lassen Spielraum und Zeit: für den Einzelgänger, die eher Vorsichtige. Dann ist es oft das Thema des Kurses, dass die Kinder und Jugendlichen zusammenbringt.
Wichtig ist dann die Gestaltung des Kurses: der Mix aus praktischen Tätigkeiten und neuem Wissen, aus gemeinsamen und getrennten Aktionen, aus Abenteuer und reden, reden, reden… Einmal Brot backen vom Mahlen des Korns bis zum eigenen Stockbrot am Lagerfeuer, dazu vielleicht eine Führung mit Blick in eine alte Mühle oder eine Backstube? Für viele Hochbegabte ist es ein wohltuenden Erlebnis, sich ganz in ein Thema vertiefen zu können, losgelöst vom üblichen Häppchen-Stundenplan.
Fachgerechte Kursleitung
So ein Angebot kann doch jeder leiten, oder?
Fachleute sollten mehr können als ein Standardkurs durchzuziehen. Mit hochbegabten Kindern arbeiten – das muss man wollen! Eine gute Kursleitung kann sowohl mit den verschiedenen Persönlichkeiten als auch mit dem beschleunigten Lerntempo umgehen. Dazu sind nicht nur mehr sondern auch andere Fragen zu erwarten als von „normalen“ Kindern dieses Alters. Dazu kommt oft noch, dass Freizeitangebote oft für ganze Familien und somit altersgemischt angeboten werden.
Schon bei der Organisation von Freizeitangeboten wird deshalb auch die pädagogische Ausbildung der Begleitpersonen und der Kursleitungen in den Fokus genommen. Zum einen kann dabei auf Erfahrungen aus anderen Kurses zurückgegriffen werden, zum anderen muss oft gezielt nachgefragt werden. Damit minimiert eine gute Organisation das Risiko, dass die hochbegabten Kinder sich (schon wieder) zurücknehmen müssen.
Die gezielte Ansprache der Stärken hochbegabter Kinder
Wozu sprechen die Angebot so gezielt die Stärken der Kinder an?
Von der Komfortzone in die Lernzone zu gehen braucht Mut. Viele hochbegabten Kinder mit schlechten sozialen Erfahrungen ziehen sich zurück: Lieber allein etwas machen als schon wieder abgelehnt werden. Lieber nur machen, was ich kenne, wo mir der Erfolg sicher ist.
Um sich etwas Neues zu trauen ist es oft hilfreich, bei dem anzufangen, was bekannt, interessant und sicher ist. Diese Komfortzone dann zu verlassen, sich auf ein neues Umfeld einzulassen, das braucht Zeit.
Manche Hochbegabten sind es zudem nicht mehr gewohnt, Gruppen als motivierende Gemeinschaften zu erleben und Gleichgesinnte zu erkennen.
Und wie den Kindern so geht es oft auch den Eltern: Es braucht Zeit, sich anderen Menschen anzunähern, in Austausch zu kommen und im Gespräch neue Lösungen zu finden.
Wer jetzt noch mehr Fragen hat, kann zum einen Kontakt aufnehmen mit anderen Eltern, die mit ihren Kindern bei solchen Freizeitveranstaltungen waren. Deren Fazit ist oft noch viel emotionaler: „Unser Kind war wie ausgewechselt und hat zum ersten Mal in seinem Leben Freunde gefunden. Diese Freude hat noch für Wochen nachgewirkt. Und zum ersten Mal fragt er auch selbst, wann wir die anderen Kinder wiedersehen. Ganz zu schweigen von unseren neuen Kontakten zu anderen Eltern…“
Weitere Fragen können auch an die Veranstalter gerichtet werden info@rhoenforscher.de (Nadine Weber) . Die kennen sich auch mit Hindernissen und möglichen Einschränkungen aus.
Letztlich bleibt es immer Entscheidung der Eltern, ob man es noch einmal wagt. Wer Mut braucht, kann sich auch gerne bei mir für ein Gespräch melden: martina.rosenboom@talentconsulting.info www.talentconsulting.info. Die Förderung hochbegabter Kinder bleibt eine Herausforderung, die individuelle Ansätze und tiefes Verständnis erfordert.